Dinge gehen dahin... Der Sommer ist enttäuschend, das Europa der 27 gibt sich der Häme preis in selbstverschuldeter Ohnmacht, auch beste Absichten machen uns alle nur zum Gegenstand hasserfüllten Gelächters; und Deutschland, weder seine Kraft noch seine Verwundbarkeit wirklich begreifend, geht naiv seinen Weg, hinab, hinauf, man erkennt es nicht, aber irgendwie schlafwandlerisch –  wo wird der Schlafwandler erwachen?

Jetzt aber Libyen. Der Große Diktator ist gestürzt und versteckt sich nur noch mit den Resten seiner Macht in Bunkern und Mauselöchern, wie andere Diktatoren vor ihm. Im Licht der libyschen Sonne sehen diejenigen Europäer, die sich so weit aus dem Schatten gewagt haben, auf einmal auch gar nicht mehr so grau und ohnmächtig aus. Franzosen und Briten, Belgier und Niederländer, Italiener und Spanier, Norweger, Dänen und Schweden – sie haben Krieg geführt, und sie haben ihre militärischen Ziele erreicht. Die politischen Ziele zu erreichen  – eine Stabilisierung und Demokratisierung des Landes –, mithin nach dem Krieg auch den Frieden zu gewinnen, wird nicht leicht, liegt aber nun in Reichweite.

Deutschland hat zu diesem Teilerfolg so gut wie gar nichts beigetragen, es hätte ihn beinahe verhindert, was unseren Außenminister nicht davon abhält, sich in peinlichster Weise das Verdienst an die eigenen Fahnen zu heften. Worin sieht Herr Westerwelle die Ziele der deutschen Außenpolitik?

Die Entwicklung eines handlungsfähigen, kraftvollen Europas als Verstärkers deutscher Interessen in der Welt, die Befriedung und Demokratisierung von Maghreb und Nahem Osten, Europas gefährlichsten Nachbarregionen – das sind Jahrhundertprojekte, die aller strategischen Fantasie würdig wären. Wo sind die Ideen, wo ist der Schwung, wo das Selbstbewusstsein, das uns das 21. Jahrhundert gewinnen könnte? Man glaubt sich mit Blick auf das außenpolitische Berlin in einer geistigen Wüste, die toter ist als die libysche.

Lektüren:

Deutsche Medien gehen mit Guido Westerwelle ins Gericht...

Severin Weiland: Westerwelles peinliche Libyen-Show, Spiegel Online

Roland Nelles: Sarkozys Triumph, Merkels Blamage, Spiegel Online

Jörg Lau : Deutschlands außenpolitische Schande, Zeit Online 

Majid Sattar : Westerwelle und Libyen – Allein mit seinem Trotz, FAZ.NET

…und aus französischer Sicht…

Nicolas Grosverheyde: L’Allemagne perd la bataille de Tripoli, Bruxelles2 


Die Bedeutung der Ereignisse in Libyen für eine europäische Sicherheitspolitik

Tomas Valasek: What Libya says about future NATO operations, Centre for European Reform 

Isabelle Lasserre: Les leçons du conflit libyen pour la défense européenne, Le Figaro
 

 

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