Vorgestern vor 200 Jahren, am 28. September 1811, wurde der Demokrat und Revolutionär Friedrich Hecker geboren.

Wie wenige andere verkörperte er als Person die Revolution von 1848. Seinen Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit begann er als Rechtsanwalt der kleinen Leute, ging dann in die Politik und griff schließlich zur Waffe, als er erkannte, dass den deutschen Fürsten mit Parlamentsresolutionen allein nicht beizukommen war. Sein Versuch, die Republik mit dem Säbel zu erstreiten, scheiterte schließlich kläglich. Er wurde dabei aber zu einer Ikone der Demokratiebewegung; seine „Revolutionsuniform“, besonders der gefiederte Hut („Hecker-Hut“), wurde ein populäres Symbol des Freiheitskampfes.

1847 war er einer der Federführer bei der Formulierung des sogenannten „Offenburger Programms“, in dem die 13 Kernforderungen der deutschen Demokraten niedergelegt wurden. Uns erscheinen diese Forderungen auch heute noch als Prüfmarken für die deutsche Demokratie. Wie steht es heute, im Zeitalter von Globalisierungsdruck, Euro-Rettungszwang und Terrorangst, um die Freiheit der Deutschen? Prüfen Sie selbst.

   

Die Forderungen des Volkes

Art. 1. Wir verlangen, dass sich unsere Staatsregierung lossage von den Karlsbader Beschlüssen vom Jahr 1819,
von den Frankfurter Beschlüssen von 1831 und 1832 und von den Wiener Beschlüssen von 1834. Diese Beschlüsse verletzen gleichmäßig unsere unveräußerlichen Menschenrechte wie die deutsche Bundesakte und unsere Landesverfassung.

Art. 2. Wir verlangen Pressfreiheit.
Das unveräußerliche Recht des menschlichen Geistes, seine Gedanken unverstümmelt mitzuteilen, darf uns nicht länger vorenthalten werden.

Art. 3. Wir verlangen Gewissens- und Lehrfreiheit.
Die Beziehungen des Menschen zu seinem Gotte gehören seinem innersten Wesen an, und keine äußere Gewalt darf sich anmaßen, sie nach ihrem Gutdünken zu bestimmen. Jedes Glaubensbekenntnis hat daher Anspruch auf gleiche Berechtigung im Staate.

Keine Gewalt dränge sich mehr zwischen Lehrer und Lernende. Den Unterricht scheide keine Konfession.

  
Art. 4. Wir verlangen Beeidigung des Militärs auf die Verfassung.
Der Bürger, welchem der Staat die Waffen in die Hand gibt, bekräftige gleich den übrigen Bürgern durch einen Eid seine Verfassungstreue.

Art. 5. Wir verlangen persönliche Freiheit.
Die Polizei höre auf, den Bürger zu bevormunden und zu quälen. Das Vereinsrecht, ein frisches Gemeindeleben, das Recht des Volkes, sich zu versammeln und zu reden, das Recht des Einzelnen, sich zu ernähren, sich zu bewegen und auf dem Boden des deutschen Vaterlandes frei zu verkehren - seien hinfür ungestört.


Art. 6. Wir verlangen Vertretung des Volks beim deutschen Bund.
Dem Deutschen werde ein Vaterland und eine Stimme in dessen Angelegenheiten. Gerechtigkeit und Freiheit im Innern, eine feste Stellung dem Auslande gegenüber gebühren uns als Nation.

Art. 7. Wir verlangen eine volkstümliche Wehrverfassung.
Der waffengeübte und bewaffnete Bürger kann allein den Staat schützen.

Man gebe dem Volke Waffen und nehme von ihm die unerschwingliche Last, welche die stehenden Heere ihm auferlegen.


Art. 8. Wir verlangen eine gerechte Besteuerung.
Jeder trage zu den Lasten des Staates nach Kräften bei. An die Stelle der bisherigen Besteuerung trete eine progressive Einkommensteuer.

Art. 9. Wir verlangen, dass die Bildung durch Unterricht allen gleich zugänglich werde.
Die Mittel dazu hat die Gesamtheit in gerechter Verteilung aufzubringen.

Art. 10. Wir verlangen Ausgleichung des Missverhältnisses zwischen Arbeit und Kapital.
Die Gesellschaft ist schuldig, die Arbeit zu heben und zu schützen.

Art. 11. Wir verlangen Gesetze, welche freier Bürger würdig sind und deren Anwendung durch Geschworenengerichte.
Der Bürger werde von dem Bürger gerichtet. Die Gerechtigkeitspflege sei Sache des Volkes.

Art. 12. Wir verlangen eine volkstümliche Staatsverwaltung.
Das frische Leben eines Volkes bedarf freier Organe. Nicht aus der Schreibstube lassen sich seine Kräfte regeln und bestimmen. An die Stelle der Vielregierung der Beamten trete die Selbstregierung des Volkes.

Art. 13. Wir verlangen Abschaffung aller Vorrechte.
Jedem sei die Achtung freier Mitbürger einziger Vorzug und Lohn.

Offenburg, 12. September 1847.



Nun? Sind wir noch auf Kurs? Oder ist es wieder an der Zeit, den Hecker-Hut aufzusetzen?


Das Offenburger Programm auf WikiSource

 

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
BBCode-Formatierung erlaubt