Ferdinand Freiligrath, geboren vor 200 Jahren am 17. Juni 1810

Schwarz-Rot-Gold

17. März 1848

In Kümmernis und Dunkelheit,
Da mussten wir sie bergen!
Nun haben wir sie doch befreit,
Befreit aus ihren Särgen!
Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!
Hurra, du Schwarz, du Rot, du Gold!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist das alte Reichspanier,
Das sind die alten Farben!
Darunter haun und holen wir
Uns bald wohl junge Narben!
Denn erst der Anfang ist gemacht,
Noch steht bevor die letzte Schlacht!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Ja, die das Banner ihr gestickt,
Ihr Jungfern unverdrossen,
Derweil am Feuer wir gebückt
Uns Flintenkugeln gossen:
Nicht, wo man singt nur oder tanzt,
Geschwungen sei’s und aufgepflanzt! –
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Denn das ist noch die Freiheit nicht,
Die Deutschland muss begnaden,
Wenn eine Stadt in Waffen spricht
Und hinter Barrikaden:
„Kurfürst, verleih! Sonst – hüte dich! –
Sonst werden wir – großherzoglich!“
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Die ungeteilte, ganze,
Wenn man ein Zeughaustor erbricht,
Und Schwert sich nimmt und Lanze;
Sodann ein Weniges sie schwingt,
Und – folgsamlich zurück sie bringt!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn ihr an Brockhaus’ Glase
Ausübt ein klirrend Strafgericht
Ob einer Dresdner Nase!
Was liegt euch an dem Sosius?
Drauf: - in die Hofburg Stein und Schuss!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn man, statt mit Patronen,
Mit keiner andern Waffe ficht,
Als mit Petitionen!
Du lieber Gott: - Petitioniert!
Parlamentiert, illuminiert!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Sein Recht als Gnade nehmen
Von Buben, die zu Recht und Pflicht
Aus Furcht nur sich bequemen!
Auch nicht: dass, die ihr gründlich hasst,
Ihr dennoch auf den Thronen lasst!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Die Freiheit ist die Nation,
Ist aller gleich Gebieten!
Die Freiheit ist die Auktion
Von dreißig Fürstenhüten!
Die Freiheit ist die Republik!
Und abermals: die Republik!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Die eine deutsche Republik,
Die musst du noch erfliegen!
Musst jeden Strick und Galgenstrick
Dreifarbig noch besiegen!
Das ist der große letzte Strauß –
Flieg aus, du deutsch Panier, flieg aus!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Zum Kampfe denn, zum Kampfe jetzt!
Der Kampf nur gibt dir Weihe!
Und kehrst du rauchig und zerfetzt,
So stickt man dich aufs Neue!
Nicht wahr, ihr deutschen Jungfräulein?
Hurra, das wird ein Sticken sein!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Und der das Lied für euch erfand
In einer dieser Nächte,
Der wollte, dass ein Musikant
Es bald in Noten brächte!
Heißt das: ein rechter Musikant!
Dann kläng’ es hell durchs deutsche Land:
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!


Unter der schwarz-rot-goldenen Fahne ging es anscheinend nicht immer um Fußball.

 

3 Kommentare

Linear

  • migrulo  
    Hübsch. Wo haben Sie den denn ausgegraben? Leider ein bisschen zu lang für's Fusßballstadion :-)
  • Michel  
    Wir könnten mal wieder eine Revolution hier gebrauchen, die letzte ist schon 20 Jahre her. Und die da oben sind schon wieder so selbstzufrieden... Den Merkelismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch esel auf!
    • achtziger  
      Revolution fänd ich gut. Leider sind die Deutschen immer so halbherzig.

      "Das ist noch lang die Freiheit nicht,
      Sein Recht als Gnade nehmen"

      trifft auch heute zu

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