Um es gleich zu sagen: Wer in den USA Präsident ist, ist uns egal. Es geht uns nämlich nichts an: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine souveräne Nation und wählen ein Staatsoberhaupt, dessen einziges Mandat natürlicherweise darin besteht, US-amerikanische Interessen zu verfolgen – „to faithfully execute the Office of President of the United States, and to preserve, protect and defend the Constitution of the United States“. Der US-Präsident ist weder der Vorstandsvorsitzende der internationalen Gemeinschaft, noch der Weltpolizist, noch der Schutzherr der Mühseligen und Beladenen – und nein, auch nicht der Führer der westlichen Welt. Es ist weder seine Pflicht, dem Nahen Osten Frieden zu bringen, noch ist es seine Obliegenheit, Ostasien zu stabilisieren, und schon gar nicht ist es seine Aufgabe, für Europas Sicherheit zu sorgen oder den Europäern auf andere Art das Leben leichter zu machen.

Das haben in Deutschland und Europa viele immer noch nicht begriffen. Wie anders ist es zu verstehen, dass landauf landab hiesige Leitartikler und Analysten Barack Obama erklären wollen, was er jetzt in seiner zweiten Amtszeit zu tun hat – für den Nahen Osten, für die Weltwirtschaft, für Hinz und Kunz und die Wale im Südatlantik.

Andere haben durchaus verstanden, dass Amerika amerikanische Interessen verfolgt, können darob aber nicht mehr ruhig schlafen. Sie konstatieren mit bedenklicher Miene, dass sich die Aufmerksamkeit der US-Außenpolitik stärker auf den pazifischen Raum orientiere, und besorgen beklommenen Herzens, „Europa“ könne als Partner für die USA „irrelevant“ werden.

Wenn es doch nur so wäre! Dann hätte die deutsche, hätte die europäische Politik vielleicht die Chance, endlich erwachsen zu werden!

Wir wollen es einmal aussprechen: Es ist in höchstem Maße albern, wenn Deutsche und Europäer behaupten, auf amerikanischen militärischen Schutz angewiesen zu sein – gibt doch Europa mehr fürs Militär aus als etwa China und Russland zusammen.

Es ist lächerlich, wenn Deutsche und Europäer glauben, ohne die USA im Maghreb, im Nahen Osten, in Kaukasien, in Zentralasien nichts ausrichten zu können - ist doch der wirtschaftliche und kulturelle Einfluss Europas in diesen angrenzenden Regionen viel größer als der Amerikas.

Und es ist geradezu absurd, wenn  - in vollem Ernst! -  gesagt wird, Europa müsse eine effektive gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln, um für die Amerikaner als Partner „relevant“ zu bleiben! - HERRSCHAFTSZEITEN !! -  
Europa muss eine effektive gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln, um seine Sicherheitsprobleme selbst in die Hand nehmen zu können!  Und aus keinem anderen Grund!

Wir wollen hier nicht den Gründen für die kindliche Hingabe mancher Deutscher und anderer Europäer an die USA nachspüren; für das Buhlen um Gunst, die Angst vor dem Verlassen-Werden und die Scheu vor Verantwortung. (Verweisen möchten wir hier nur auf diesen früheren Beitrag.)

Fest scheint uns aber zu stehen, dass diese Charakterzüge die Herausbildung einer effektiven deutschen und europäischen Außen- und Sicherheitspolitik enorm erschweren – und damit eine Gestaltung von Europas internationaler Umwelt gemäß europäischen und deutschen Interessen unwahrscheinlich machen.

Wir wünschen uns daher im Stillen, Amerika möge sich von Europa „abwenden“! Die politische Klasse der europäischen Länder wäre dann, meinen wir, endlich gezwungen, die potenzielle Energie des gar nicht so alten Kontinents in politische Bewegung umzusetzen. Wer erwachsen werden will, muss beim großen Bruder ausziehen – wenn er dazu nicht die Kraft aufbringt, sollte man hoffen, dass der Bruder ihn einfach vor die Tür setzt.

Und irgendwann würden wir dann verblüfft feststellen, dass auch Amerika für Europa „irrelevant“ wird.
   

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