Deutschlands in diesem Jahr neu erwachter außenpolitischer Ehrgeiz stößt sich vielerorts an der unerfreulichen Wirklichkeit: Die Krim und die Ostukraine bleiben russische Protektorate; Länder wie Frankreich oder Italien bremsen weiterhin Deutschlands Politik in der Eurozone aus; deutsche Waffenlieferungen an die Kurden haben nicht dazu geführt, dass die Krieger des IS sich vor Angst unter ihren schwarzen Fahnen verkriechen; und die Bundeswehr wurde in den letzten beiden Jahrzehnten so zu Grunde reformiert, dass sie kaum noch zu einem sinnvollen Einsatz in der Lage ist.

Da kann man fast vergessen, dass deutsche Politik in den letzten Jahren durchaus einiges erreicht hat. Vielleicht die größte Erfolgsgeschichte ist Deutschlands Beitrag zur Befriedung des westlichen Balkans nach den Kriegen der Neunzigerjahre. Jelena Obradovic-Wochnik skizziert diese Politik in einem Beitrag für das American Institute for Contemporary German Studies: „Can Germany reconcile the Western Balkans?“

Uns wurde hier deutlich, was kluge Außenpolitik erreichen kann, wenn das Verhältnis zwischen politischem Ziel und eingesetzten Mitteln – diplomatischen, wirtschaftlichen, militärischen – stimmt. Denn die besten politischen Absichten nützen nichts, wenn man sich seiner Mittel nicht sicher ist. Diese müssen, erstens, schlichtweg vorhanden sein: Die eigene Machtposition muss strukturell abgesichert, der diplomatische Apparat kompetent, die wirtschaftliche Ausstattung der Politik hinreichend, das Militär einsatzfähig sein. Zweitens muss die politische Führung sich dieser Mittel bewusst sein: Sie muss wissen, dass sie Druck aufbauen oder Anreize setzen kann; dass sie tatsächlich Einflussmöglichkeiten hat. Sonst wird sie untätig bleiben, Gelegenheiten verpassen und anderen Akteuren das Feld überlassen. Drittens muss die politische Führung wissen, wie man diese Mittel effektiv einsetzt.

Und viertens braucht man Glück – Fortune. Das hat man oder hat man nicht – alles andere aber kann man sich erarbeiten.

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
BBCode-Formatierung erlaubt