Heinrich von Kleist, gestorben vor 200 Jahren am 21. November 1811
„Da sinkt die große Weltherrschaft von Rom
vor eines Wilden Witz zusammen,
und kommt, die Wahrheit zu gestehn,
mir wie ein dummer Streich der Knaben vor!
Rom, wenn, gebläht von Glück, du mit drei Würfeln doch
nicht neunzehn Augen werfen wolltest!
Die Zeit noch kehrt sich wie ein Handschuh um,
und über uns seh ich die Welt regieren,
jedwede Horde, die der Kitzel treibt.“
So lässt Kleist in der „Hermannsschlacht“ den geschlagenen römischen Feldherrn Varus in der Stunde seines Todes räsonnieren.
Und? Welche Horden würden uns regieren, ließen wir das IMPERIVM EVROPAEVM vor der Wilden Witz zusammensinken?
Kleist, der pathetische Hysteriker in unserem Dichter-Walhall, passt gut in diese unsere aufgeregte Ära, da Europa unterzugehen behauptet, deutsche und britische Leitmedien publizistische Breitseiten aufeinander abfeuern und wackere leitartikelnde Patrioten überall auf dem Kontinent Zeter und Mordio über die Zumutungen der Zeit schreien.
Soviel immerhin ist richtig: Auch Europa wollte mit drei Würfeln neunzehn Augen werfen. Aber uns in unser Schwert zu stürzen, ist es viel zu früh.
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