Derzeit sehen wir es wieder: Die Europäische Union funktioniert nicht so, wie sie funktionieren sollte. Sie ist undemokratisch, undurchsichtig, unfair und ineffektiv; gleichzeitig aber in Deutschlands vitalem nationalem Interesse. Da nun täglich klarer wird, dass die Union nicht so bleiben kann, wie sie ist, müssen wir Unionsbürger klären, wie sie sein soll.

Das ist schwierig? Vielleicht auch nicht. Der Bürger Eric Jozsef aus Frankreich hat für die italienische Zeitschrift Internazionale fünf ganz konkrete Vorschläge aufgeschrieben, die die EU besser machen sollen. Eine halbe Seite Ideen – statt der 231 Seiten, die der Vertrag von Lissabon im Amtsblatt der EU einnimmt. In Stichworten:

  1. Direktwahl eines Präsidenten der EU durch das Volk
     
  2. Der Präsident übernimmt die Funktionen des derzeitigen Kommissionspräsidenten und des Präsidenten des Europäischen Rats 
    (unsere Interpretation, bei Jozsef nicht ganz klar; d.h. diese beiden Ämter fallen weg)
     
  3. Radikale Vereinfachung der europäischen Gesetzgebung: Im Ministerrat müssen 51% der Staaten zustimmen, im Europaparlament 51% der Bevölkerung. 
    (D.h. die komplizierte Stimmengewichtung im Ministerrat und die ungleiche Repräsentation der Bürger im Parlament, etwa die Unterrepräsentation der Deutschen, fallen weg.)
     
  4. Zu den Parlamentswahlen treten nur noch europaweite Listen an. 
    (D.h. der Europawahlkampf hört auf, ein Anhängsel der nationalen Innenpolitik zu sein.)
     
  5. Einrichtung europaweiter Volksbegehren

Wir möchten noch hinzufügen:

    6. Einrichtung einer klaren Aufgaben- und Kompetenzverteilung
        zwischen Nationalstaaten und Union, die auch einer schleichenden
        Kompetenzausweitung  - egal von welcher Seite - 
        einen Riegel vorschiebt.

Europa muss nicht kompliziert sein.

   
Aber würde uns das dabei helfen, mit unserem Euro-Desaster fertig zu werden? Ja. Wir vermuten, dass sich in einer so oder ähnlich reformierten Union Krisen wie die derzeitige besser bewältigen ließen, da Entscheidungen eine höhere Legitimität zugebilligt würde. Und vieles dreht sich derzeit um Legitimitätsfragen. Wer ist berechtigt, Schuldenstaaten Sparauflagen zu machen? Wer darf nordeuropäische Steuerzahler für spanische Banken in Haftung nehmen? Wem kommt es zu, die City of London an die Kandare zu nehmen?  Die Tatsache, dass in solchen Fragen derzeit keine Einigkeit zu erzielen ist, verweist gleichermaßen auf einen Mangel an Demokratie wie an akzeptierten politischen Ordnungsvorstellungen; ein Mangel, der Ungerechtigkeit und Chaos nach sich zieht.

Europa braucht mehr Demokratie, mehr Ordnung und ganz einfache Regeln.


Eric Jozsef auf Internazionale: Più democrazia in Europa per uscire dalla crisi

(Deutsche Übersetzung von Claudia Reinhardt auf presseurop)

  

2 Kommentare

Verschachtelt

  • michel  
    Aber zuerst müsste man mal klären, wohin die Reise in der Eu gehn soll. Bevor ich einen EU-Präsidenten wähle, will ich wissen, wozu der eigentlich gut sein soll. Und ist ja schön, wenn das Europaparlament dann so funktioniert, dass man es versteht. Aber wenn das Parlament dann Befugnisse hat, die es gar nicht haben soll, nützt mir das nix.
    Der lezte Punkt ist der einzig entscheidende: Zuerst müssen mal die Kompetenzen aufgedröselt werden, und das heißt für mich: Europa muss Kompetenzen zurückgeben. Nicht alle, aber viele.
  • carolus  
    Das Argument finde ich immer absurd: "ich will keine Demokratie in der EU, bevor ich nicht genau weiß, was die dann demokratisch gewählten Vertreter mit ihrer demokratischen Macht dann machen."

    Mit anderen Worten: "Ich will nur dann Demokratie, wenn ich garantiert kriege, dass die Politiker genau das machen, was ich persönlich will." Wo kämen wir auch hin, wenn die Bürger dann vielleicht Kandidaten wählen würden, die die EU tatsächlich verbessern und voranbringen?

    Ihr Euroskeptiker behauptet immer, die EU sei so schlecht. Aber ihr habt panische Angst davor, dass einer die EU besser machen könnte! In Wirklichkeit wollt ihr nämlich eine "schlechte" EU - damit ihr den Normalbürgern immer sagen könnt: "Seht ihr, so was kommt dabei raus, wenn man sich mit all den Ausländern einlässt." Ihr wollt eine schlechte EU, damit ihr ein Schreckgespenst habt - und deshalb wollt ihr überhaupt keine demokratische EU. Und deshalb ist eure EU-Kritik so heuchlerisch.

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