In schlechtem Zustand: Die Festung Europa 

Europa und Deutschland sind bedroht, wie seit einer Generation nicht mehr. Im östlichen und südlichen Vorfeld des unsichtbaren Limes, der uns von den Landstrichen der Kalaschnikow-Leute trennt, kämpfen fremde Krieger mittlerweile unmittelbar am Fuße der Mauer - noch kämpfen sie meist gegeneinander, aber viele haben Leitern dabei. Die Halsabschneider des IS und ihre Spießgesellen träumen davon, ihren Krieg auf Europa auszuweiten, und schmuggeln Mörder und Ideen durch die Tore, die wir für Flüchtlinge öffnen.  Die Reichen und Mächtigen Russlands wollen "Eurasien" wieder unter ihre Fuchtel bringen und züchten dazu Hass, Ressentiments und Gewalt, die die östlichen Grenztürme Europas unterminieren. Imperien aus Übersee beginnen, sich auf ungute Weise für uns zu interessieren: Die USA wollen ihre politische Rivalität mit Russland in Europa austragen – was den Europäern nur auf kurze Sicht nutzt - und China hielt neulich zum ersten Mal Marinemanöver im Mittelmeer ab.

Unterdessen beschäftigen sich die Menschen intra muros mit sich selbst. Ein Haus an der Innenseite der Mauer ist durch die Unachtsamkeit seiner Bewohner in Brand geraten, und die übrigen Festungsbewohner stehen um den zeternden Hausbesitzer herum und beratschlagen, ob-warum-wie man beim Löschen helfen soll.

Herr im Himmel!


Griechenland! Ein Land von der Bevölkerungszahl Bayerns. Ein Land mit der Wirtschaftsleistung Hessens. Könnten die anderen Europäer den von der Pleite bedrohten Kleinstaat retten und die Krise beenden? Könnten sie zum Beispiel Griechenlands Schulden umschichten und dem Land bei der Erfüllung der strengen Reformgebote mehr Zeit einräumen? Natürlich könnten sie das.  Wollen sie aber nicht. Noch nicht. Denn es geht ums Prinzip.  Die Griechen und alle anderen sollen sehen, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Und so lässt man die griechische Hütte eben brennen, obwohl man löschen könnte. Da so ein Feuer aber auf die benachbarten Häuser übergreifen kann, muss man dabeistehen und aufpassen. Und kommt zu nichts Anderem mehr.

Dabei gäbe es so viel zu tun. Europa braucht eine Außen- und Sicherheitspolitik, die den Namen verdient. Es braucht Streitkräfte, die den Kontinent auch ohne Hilfe der Amerikaner verteidigen können. Es braucht eine Rundumerneuerung seiner Institutionen, die gleichermaßen effektiver und demokratischer werden müssen. Es braucht endlich eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen EU und Nationalstaaten, die einerseits eine wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitik ermöglicht, andererseits aber das Hirngespinst eines europäischen Zentralstaats aus den letzten Köpfen hinausfegt. Allein die geballte politische Intelligenz Europas beschäftigt sich lieber hingebungsvoll mit dem Renteneintrittsalter in einem kleinen Land am äußersten Rande des Kontinents.

Liebe europäische Mitbürger in verantwortlichen politischen Funktionen: Löscht endlich den griechischen Brand - der Abschreckungseffekt ist längst erreicht ! Und dann kümmert euch um den Zustand der Feste Europa. So wie sie jetzt ist, wird sie den Stürmen der Zeitläufte nicht standhalten. Also ab auf die Mauer!



Dazu passend:
Laurent Chamontin: Quelle Europe au XXIe siècle?
diploweb.com


Bild: Burgh Castle, römische Befestigung. Ashley Dace [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

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